Meilenstein der feministischen Friedens- und Sicherheitspolitik: UNO-Sicherheitsratsresolution 1325

Mit der Resolution 1325 zu «Frauen, Frieden und Sicherheit» verabschiedete der UNO-Sicherheitsrat einen Meilenstein in der feministischen Friedens- und Sicherheitspolitik. Sie ist ein zentrales Instrument in unserer Arbeit mit unseren Projektpartner:innen, unseren Kooperationspartner:innen und mit den Aktivist:innen und Frauenorganisationen in unserem weltweiten Netzwerk.

Der UNO-Sicherheitsrat hat die zentrale Rolle von Frauen in der Prävention und Aufarbeitung von Konflikten und in der Friedensförderung anerkannt, als er diese bahnbrechende Resolution im Jahr 2000 einstimmig angenommen hat. Sie war das Resultat des Engagements von transnationalen feministischen Netzwerken und Friedensaktivist:innen, die während Jahren die formale Anerkennung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Kriegen und bewaffneten Konflikten forderten.

Sie verlangten auch, dass die Perspektive und die Erfahrungen von Frauen in die internationale Friedens- und Sicherheitspolitik und in Friedensprozesse miteinbezogen werden.

Die WPS-Agenda

Die Resolution 1325 und ihre neun Folgeresolutionen bilden zusammen die «Frauen, Frieden und Sicherheit»-Agenda («Women, Peace and Security», WPS-Agenda). Mehr als 20 Jahre nach der Verabschiedung der Resolution bleibt die Teilhabe von Frauen an Friedensprozessen miserabel, wie verschiedene Studien und Statistiken belegen.

Die WPS-Agenda besteht aus vier Säulen: Prävention, Schutz, Partizipation sowie Nothilfe und Wiederaufbau. Sie erkennt nicht nur die unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Erfahrungen mit bewaffneten Konflikten an, sie

  • fordert die Beteiligung von Frauen an Konfliktprävention, Konfliktlösung, Friedensprozessen und Wiederaufbau nach Kriegen und bewaffneten Konflikten und

  • verlangt den Schutz von Frauen in bewaffneten Konflikten, auch vor sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt.

Viele Frauenrechtsorganisationen und Friedensaktivistinnen nutzen die WPS-Agenda als Basis für ihre Forderungen.

Kritik an der WPS-Agenda

Die Agenda und ihre Umsetzung sind jedoch auch Gegenstand der Kritik von feministischen Akademiker:innen und Praktiker:innen. Zu den Kritikpunkten gehören: ein essentialistisches Verständnis von Geschlecht durch die Fokussierung auf Frauen; das Verständnis von Frauen als «passive Opfer» und als von Natur aus friedlich und daher besser geeignet, an Friedensprozessen teilzunehmen; und die mangelnde Durchsetzbarkeit der Agenda.

Weiter wird kritisiert, dass in der praktischen Anwendung der WPS-Agenda oft auf Quoten fokussiert wird, z.B. auf den Anteil von Frauen, die an Friedensverhandlungen teilnehmen, statt auf den bedeutungsvollen Beitrag von Frauen an den Verhandlungen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die WPS-Praxis patriarchalische Strukturen und diskriminierende Systeme nicht verändert.

Umsetzung WPS: Nationale Aktionspläne

105 Länder haben bisher Nationale Aktionspläne (NAPs) für die Umsetzung der Agenda entwickelt, so auch die Schweiz (Stand Februar 2023; Quelle: WILPF). Die Ausrichtung, die die Staaten der Agenda geben, hängt in der Regel mit ihrer geopolitischen Lage zusammen. Während Länder des sogenannten Globalen Südens die Agenda innenpolitisch umsetzen, wenden Länder des sogenannten Globalen Nordens ihre NAPs fast ausschliesslich auf ihre Aussenpolitik an. Das ist auch einer der Kritikpunkte, die wir zusammen mit unseren Kooperationspartner:innen in der zivilgesellschaftlichen Begleitung des Schweizer NAP immer wieder anbringen. 

Trotzdem hat die Agenda immer noch das Potenzial, als Instrument für transformativen Wandel genutzt zu werden, in der Schweiz und in kriegs- und konfliktbetroffenen Ländern und Regionen.

Allianz für Frauen, Frieden und Sicherheit: Die Stimmen der Zivilgesellschaft in die WPS-Agenda einbringen

Der vierte Nationale Aktionsplan (NAP) der Schweiz zur Umsetzung der Resolution 1325 des UNO-Sicherheitsrates anerkennt die Notwendigkeit und den Wert der effektiven Beteiligung von Frauen an Friedens- und politischen Prozessen zur Konfliktprävention. Er erkennt auch an, dass bestimmte sozioökonomische Bedingungen gegeben sein müssen, um diese Beteiligung zu ermöglichen.

Anlässlich der Verlängerung des aktuellen Schweizer NAP 1325 bis Ende 2024 haben wir in einem Bündnis mit KOFF - swisspeace und der feministischen Friedensorganisation cfd das Projekt «Allianz für Frauen, Frieden und Sicherheit: Die Stimmen der Zivilgesellschaft in die WPS-Agenda einbringen» («Women, Peace and Security», WPS-Agenda) im Sommer 2022 initiiert. Ein wichtiges Ziel: Die Relevanz und Sichtbarkeit der WPS-Agenda und des Schweizer NAP 1325 in der Schweizer Verwaltung, der Zivilgesellschaft und der interessierten Öffentlichkeit in der Schweiz erhöhen.

Prioritäten definieren und in NAP einbringen

Das Projekt baut auf den Erkenntnissen des Vorgängerprojekts «Beitrag der Zivilgesellschaft zur Umsetzung des Schweizerischen Nationalen Aktionsplans 1325» (2018-2022) auf. Ausserdem nutzt es den Co-Vorsitz der Schweiz und Südafrikas im WPS Focal Point Network (WPS-FPN) im Jahr 2022 und den nicht-ständigen Sitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat als Lernmöglichkeit bei der Vorbereitung des 5. Schweizer NAP 1325.

Das Projekt zielt auch darauf ab, den Dialog innerhalb der Zivilgesellschaft und mit relevanten Akteur:innen in der Schweizer Verwaltung zu fördern, damit die Anliegen der Zivilgesellschaft im 5. Schweizer NAP aufgenommen werden. Zu diesem Ziel plant die Allianz in Zusammenarbeit mit der südafrikanischen Zivilgesellschaft Online-Veranstaltungen zu thematischen Prioritäten, die für die Diskussionen im Rahmen des WPS-FPN relevant sind sowie einen partizipativen Konsultationsprozess zwischen der Schweizer Zivilgesellschaft und akademischen Expert:innen, um die Prioritäten der Zivilgesellschaft festzulegen und sie in die Ausarbeitung des 5. Schweizer NAP 1325 einfliessen zu lassen. Weiter findet ein Austausch mit der Schweizer Verwaltung statt.