In den 20 Jahren vor der Machtübernahme der Taliban im August 2021 konnten Frauen in Afghanistan einige ihrer Rechte und ihren Platz in der Gesellschaft mühsam zurückerobern. Bis zur Machtübernahme unterstützten wir Frauen, das Wissen über ihre Rechte in Bezug auf den damaligen Friedensprozess zu stärken, damit sie den Frieden mitgestalten und in Entscheidungsprozessen mitreden. Wir analysieren zurzeit, wie wir unsere Unterstützung für Afghanistans Frauen weiterführen können.
Der «Gender und Frieden»-Kurs war eine Investition in eine Zukunft, die 2020 noch offen schien. «Frauen brauchen mehr Möglichkeiten an Friedensverhandlungen teilzunehmen», sagte unsere Projektkoordinatorin in Afghanistan. Dafür bräuchten sie das Wissen über die ihnen zustehenden Rechte und das Verhandlungsgeschick, um sich einen Weg in ein friedliches und geschlechtergerechtes Afghanistan zu bahnen. Der Kurs an der Gawharshad University in Kabul, unsere Projektpartnerin, vermittelte dieses Wissen und baute das Selbstbewusstsein der jungen Frauen auf, damit sie aktiv am Friedensprozess und der Neugestaltung der Gesellschaft mitmachen können.
Nach einem Intensivkurs zu «Frauen und Friedensförderung» im Jahr 2020 setzten sich im März 2021 Teilnehmer:innen mit der «Rolle der Frauen und ihrer Einbindung in die laufenden Friedensgespräche» auseinander. Die Teilnehmer:innen erweiterten ihr Wissen über die verschiedenen Formen von Gewalt und von Konflikten, lernten Ansätze zur Konfliktlösung kennen und planten Kampagnen. Die Rolle von Frauen in der Gesellschaft und ihre Rechte standen stets im Zentrum. Die insgesamt 120 Absolvent:innen wurden so zu wichtigen Multiplikator:innen in ihren Familien und darüber hinaus.
«Ich dachte, dass Führungspersönlichkeiten geboren werden», sagte eine Teilnehmerin. «Durch dieses Seminar habe ich entdeckt, dass jede, die Veränderung möchte, eine Führungspersönlichkeit ist. Jetzt fühle ich mich als Leaderin und setze mich für die Beteiligung von Frauen bei den Friedensgesprächen ein.»
Nach der Taliban-Machtübernahme
Während des Chaos des US-amerikanischen Truppenabzugs waren unsere Gedanken bei unseren Projektpartnerinnen und bei den Teilnehmer:innen der Kurse. Am 17. August 2021, zwei Tage nach dem Fall von Kabul, veröffentlichten wir eine Stellungnahme zur Situation in Afghanistan, mit einem dringenden Appell an den Schweizer Bundesrat und die internationale Gemeinschaft, Geflüchtete – insbesondere Frauen, Kinder und LGBTIQ-Menschen, die besonders bedroht sind, – aufzunehmen und zu betreuen, auch psychologisch.
Gemeinsam mit Sima Samar, der bekannten afghanischen Menschenrechtsverteidigerin und Gründerin der Gawharshad University – seit 2022 auch unser Vorstandsmitglied – beobachten wir die Situation im Land und suchen nach Möglichkeiten, die Frauen und Mädchen in Afghanistan weiterhin zu unterstützen.