14.06.2021, CEDAW-Schattenbericht: Schweizer Zivilgesellschaft kritisiert die Umsetzung der UNO-Frauenrechtskonvention
Die Schweiz verpflichtete sich 1997 mit der Annahme der UNO-Frauenrechtskonvention CEDAW, Diskriminierung gegenüber Frauen in allen Lebensbereichen abzubauen sowie die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen. Dazu gehören explizit auch die aktive Förderung benachteiligter Gruppen bis ein Gleichgewicht erreicht ist. Die Forderungen der Zivilgesellschaft zeigen, dass nach wie vor viel Handlungsbedarf besteht.
CEDAW verpflichtet die Schweiz, Fortschritte und Lücken im Gleichstellungsbereich regelmässig zu dokumentieren und zu überprüfen. In einem Vierjahreszyklus berichten die Staaten vor dem CEDAW-Ausschuss der UNO über den Stand der Umsetzung der Konvention im eigenen Land, inklusive die Umsetzung der vom Ausschuss erhaltenen Empfehlungen. Die Schweiz reichte Ende November 2020 ihren 6. Staatenbericht ein. Die NGO-Koordination post Beijing Schweiz veröffentlicht nun als Dachorganisation unter Mitarbeit der 35 Mitglieder und weiterer Expert*innen einen zivilgesellschaftlichen Schattenbericht. Er ist eine Kritik des Staatenberichts.
Die Expert*innen prüfen, ob die Schweiz ihre Verpflichtungen einhält, Empfehlungen umsetzt oder gegen Verpflichtungen verstösst und stellen in ihrem Bericht gleichzeitig Forderungen. Der Schattenbericht hebt Lücken im Staatenbericht hervor, zeigt Divergenzen zwischen Staat und Zivilgesellschaft auf und ergänzt mit zivilgesellschaftlichen Beobachtungen und Forderungen. Forderungen der Zivilgesellschaft Im aktuellen Schattenbericht zeigen wir den Status quo in folgenden Bereichen auf: Diskriminierung von Frauen in allen Lebensbereichen, Geschlechterstereotype und geschlechtsbasierte Gewalt. Der Bericht weist auch auf Mängel in der Umsetzung der UNO-Sicherheitsratsresolution 1325 zu «Frauen, Frieden und Sicherheit» sowie der Istanbul-Konvention hin.
Forderungen der Zivilgesellschaft
Gewalt und Diskriminierung gegenüber Frauen halten sich in der Schweiz hartnäckig, sei es am Arbeitsplatz, in der Familie, in den Medien, im Asylzentrum oder im Bildungsbereich. Manche Forderungen liegen seit Jahrzehnten auf dem Tisch wie bspw. jene nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit, angemessener Vertretung in Politik und Wirtschaft, insbesondere in Entscheidpositionen, oder einer gerechteren Verteilung, Bezahlung und Anerkennung von Care-Arbeit. Andere beziehen sich auf subtile gesellschaftliche Mechanismen, welche Geschlechterstereotype produzieren und damit (nicht nur) Frauen auf bestimmte Plätze in der Gesellschaft verweisen oder ihnen diese verwehren, ihnen Rollen zuschreiben oder von ihnen erwarten, wie sie sprechen, handeln und aussehen sollen.
Weitere Forderungen beziehen sich auf einen Bereich, der besonders erschütternd ist und in den letzten Jahren immer mehr Facetten zutage gefördert hat: geschlechtsbasierte Gewalt. Diese reicht von sexueller Belästigung in fast allen Lebensbereichen über häusliche Gewalt und Netzgewalt bis hin zu Vergewaltigung, sexueller Ausbeutung und Femizid. Jeden Monat werden in der Schweiz gemäss verfügbaren Statistiken zwei Frauen getötet, meist im familiären Umfeld.
Insgesamt hat die Gleichstellung der Geschlechter aufgrund der Corona-Krise in sehr vielen Bereichen einen Rückschlag erlitten, und Diskriminierung und Gewalt haben sich verschärft. Die CEDAW ist und bleibt ein wichtiges Instrument, um dagegen vorzugehen, auch in der Schweiz.
Hinweis: Mit dem Begriff «Frauen» beziehen wir uns auf Personen, die sich ganz oder teilweise weiblich identifizieren, als Mädchen/Frauen gelesen und/oder als Frauen sozialisiert wurden. Mit dieser Definition schliessen wir explizit trans Personen sowie inter- und cisgeschlechtliche Frauen ein und nehmen dabei eine intersektionale Perspektive ein.
Lesen Sie den Schattenbericht in englischer Sprache:
Der 6. Staatenbericht auf Deutsch und Französisch.
Frühere und spätere Veranstaltungen
Vorheriger Beitrag: