Kompetenzen für Friedensverhandlungen fördern: Sudan

Mit unserem Pilotprogramm im Sudan vernetzen wir Friedensaktivistinnen in der Region Dilling, im Süden des Sudan, mit sudanesischen Aktivistinnen, die aufgrund der seit 2023 herrschenden Gewalt im Exil leben. Gemeinsam mit unserer Partnerin vor Ort fördern wir den gezielten Ausbau von Kompetenzen, die diese Frauen für ihre volle und massgebliche Beteiligung an Friedensverhandlungen und für einen gesellschaftlichen Wandel einsetzen können.

Hintergrund

Seit 2023 hält ein bewaffneter Konflikt zwischen den sudanesischen Streitkräften SAF und den paramilitärischen Rapid Support Forces RSF den Sudan in einem Würgegriff. Auslöser dieses bewaffneten Konflikts war der Zusammenbruch des fragilen Machtgefüges seit dem Sturz des Diktators Omar al-Bashir 2019 und der Kampf um die politische und wirtschaftliche Vorherrschaft im Sudan. Nach dem Sturz legte die Verfassungserklärung des Sudan unter anderem ein Modell der Machtteilung zwischen Vertretern des Militärs und der Zivilbevölkerung fest. Als sich das Militär 2021 weigerte, die Macht abzugeben, wurde das Land unter eine de facto-Militärregierung gestellt.

Ein Rahmenabkommen, das 2022 von der Afrikanischen Union AU vermittelt wurde, sah vor allem die Integration der RSF in die SAF vor. Die Uneinigkeit über diese Bestimmungen eskalierte in einem Machtkampf der Generäle und führten zum Ausbruch des aktuellen bewaffneten Konflikts.

Grösste humanitäre Krise

Nach Angaben der Vereinten Nationen löste der Konflikt die weltweit grösste humanitäre Krise aus. Zehntausende wurden getötet, fast die Hälfte der Bevölkerung Sudans leidet Hunger und rund 14 Millionen Menschen mussten vor der Gewalt fliehen. Die Folgen sind katastrophal, insbesondere für Frauen und Mädchen. Die Untersuchungskommission für den Sudan der Vereinten Nationen berichtete von sexualisierter Gewalt in grossem Ausmass gegen Frauen.

Waffenstillstandsvereinbarungen zwischen den sudanesischen Konfliktparteien wurden wiederholt von beiden Seiten verletzt. Bemühungen einer Vielzahl von Staaten und multilateraler Organisationen wie die Vereinten Nationen und die AU waren bisher nur sehr begrenzt erfolgreich. Im Januar 2024 berief die AU das Hochrangige Gremium für den Sudan («High Level Panel on Sudan») ein, um die Friedensbemühungen im Land zu fördern. Die regional ausgerichtete Initiative verfolgt einen umfassenden Ansatz, um die Ursachen des Krieges im Sudan anzugehen.

Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen

Sudanesische Frauen blicken auf eine lange und bewegte Geschichte im Kampf gegen die Militärherrschaft zurück und spielten in den Jahren 2018 und 2019 eine entscheidende Rolle in der Revolution gegen den Diktator Omar al-Bashir. Aufgrund vorherrschender konservativer und patriarchalischer Normen und Werte wurden Frauen jedoch in den politischen Prozessen nach seinem Sturz an den Rand gedrängt.

Das hochrangige Gremium für den Sudan («High Level Panel on Sudan») der Afrikanischen Union AU wurde 2024 mit dem Ziel einberufen, die Kampfhandlungen zu beenden und einen Prozess für dauerhaften und inklusiven Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit im Land einzuleiten. Die regional ausgerichtete Initiative verfolgt einen umfassenden Ansatz, um die Ursachen des Krieges im Sudan anzugehen.

Sudanesischer Friedensdialog für Frauen

Die AU fördert aktiv die Beteiligung von Frauen und strebt die Einbeziehung verschiedener Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft an, darunter auch Frauenorganisationen. Im Rahmen dieser Bemühungen fand 2024 der Sudanesische Friedensdialog für Frauen («Sudanese Women’s Peace Dialogue») statt. Dieser von der AU organisierte Dialog hat sich zum Ziel gesetzt, die Stimmen und Erfahrungen sudanesischer Frauen im Streben nach dauerhaftem Frieden und Sicherheit im Sudan zu verstärken.

2024 lancierten 26 sudanesische Frauennetzwerke und -organisationen die «Sudanese Women's Shuttle Diplomacy Initiative». Aktivistinnen wurden in Länder entsendet, die die grössten Einflussmöglichkeiten auf die Konfliktparteien haben. Ihr Ziel ist, dass sich diese Länder für Frieden und Stabilität im Sudan einsetzen. Die Aktivistinnen fordern, dass die Friedensvisionen und Bedürfnisse der sudanesischen Frauen in ein Friedensabkommen miteinbezogen werden. 

Unser Programm

Im Sudan liegt der Fokus unseres Programms auf der Vernetzung von Friedensaktivistinnen im Süden des Landes und dem Ausbau gezielter Kompetenzen für ihre massgebliche Beteiligung an Friedensverhandlungen. Unser Engagement im Sudan startete 2024 mit zwei Feminist Peace Initiatives: Wir unterstützten eine Capacity-Building-Initiative der NGO Badya Centre mit dem Ziel, den Frieden in der Region Dilling, Süd-Kordofan, langfristig zu sichern. Ausserdem unterstützten wir die Teilnahme von Aktivistinnen der «Sudanese Women’s Shuttle Diplomacy Initiative» am High-Level African Women, Peace, and Security Forum in Addis Abeba, Äthiopien.

Aufbauend auf den Erfahrungen in Dilling, haben wir in enger Zusammenarbeit mit dem Badya Centre ein Pilotprogramm entwickelt. Bis 2026 können sich sudanesische Friedensaktivistinnen im Rahmen dieses Programmes auf eine zukünftige Beteiligung an Friedensverhandlungen und den damit verbundenen Entscheidungsprozessen vorbereiten, um ihre Perspektiven, Visionen und Forderungen in Friedensverhandlungen wirksam einbringen zu können.

Friedensaktivistinnen im Sudan und im Exil vernetzen

Ziel ist die Vernetzung von Friedensaktivistinnen in der Region Dilling mit im Exil lebenden sudanesischen Friedensaktivistinnen, damit sie gemeinsam die Forderungen und Erfahrungen von Frauen in Friedensprozesse einbringen. Die Aktivistinnen im Exil, Mitglieder zahlreicher zivilgesellschaftlicher Initiativen und Organisationen, haben sich über den Sudanese Women Coordination Mechanism in Kampala organisiert, um ihre Aktivitäten zu koordinieren und den Friedensprozess im Sudan zu beeinflussen. Gemeinsam mit dem Badya Centre begleiten wir den Aufbau von zwei Arbeitsgruppen, bestehend aus Friedensaktivistinnen in Dilling und in Kampala, und schaffen dadurch ein Umfeld, in dem ein Wissensaustausch stattfindet und sie gemeinsame Strategien für zukünftige Verhandlungen erarbeiten.

Unabhängig davon, wann offizielle Verhandlungen beginnen, trägt das Programm dazu bei, wichtige Kompetenzen der Frauen zu stärken – etwa im Bereich Mediation, Verhandlungsführung oder Dokumentation lokaler Friedensinitiativen. Die Initiativen der Frauen in Dilling richten sich zudem gezielt auch an lokale Entscheidungsträger:innen, um auf einen gesellschaftlichen Wandel hinzuwirken.